I remember Amy Winehouse: Damals in der Kalkscheune

Es schneite an diesem Dienstag - und die Autos schlichen mit 50 km/h auf der Autobahn vor uns her. Das Navigationsgerät aktualisierte die errechnete Ankunftszeit: 22:30 - 22:50 - 23:10 Uhr. Das sah nicht gut aus. Schließlich musste auch ich einsehen: Das wird nichts, an der nächsten Ausfahrt kehren wir um.....

It was 11 years ago today

Das erste Album "Frank" gab es über Umwege. Der britische Online-Shop preiste einen Vorab-5-Track Album Sampler auf Vinyl mit "Jazz" und dem Hinweis auf Gilles Petersens Radiosendung an. Die Frau im pinken Shirt mit schwarzem Hund kam ins Warenkörbchen. Endlich auf dem Plattenteller, nahm einen die Stimme sofort gefangen. Das war keine gewöhnliche junge Sängerin, die für den Hype ein bisschen mit Klängen des Gestern kokettierte, das war "the real Deal". Sie kannte Sarah Vaughan und Dinah Washington. Und auch die Texte ließen keinen Zweifel, dass Amy Jade Winehouse es ernst meinte. Sie rechnete gnadenlos mit Verflossenen ab. Dabei nutzte sie eine Sprache, die klar aus dem Hier und Jetzt kam. Doch nach einigen Singles und einer Nominierung für den renommierten Mercury Prize schien das Momentum für den großen Erfolg bereits vorbei zu sein.

(music-base.de)

Im Gegensatz zur realen Welt brachte die Verweigerung einer Behandlung die Wende: "Rehab" setzte sich im Herbst 2006 in England die Gehörgänge. Das Album war in Deutschland zu diesem Zeitpunkt nur über Import erhältlich - oder gebraucht über ebay. Drei Tage machte ich einen Bogen um den Umschlag mit der CD, aus Angst, enttäuscht zu werden. Doch das war unbegründet - natürlich.

Ab nach Berlin

Und so waren wir nun unterwegs im Schnee. Zu einem kleinen Showcase in der Kalkscheune in Berlin Mitte. Welche höhere Macht mit uns war, ist nicht zu klären. Auf jeden Fall passierten zwei Wunder. An der nächsten Ausfahrt verließen die langsamen Autos die Autobahn - und der Schnee hörte auf, vom Himmel zu fallen. Ab diesem Zeitpunkt war das Navi wieder unser Freund -  errechnete Ankunft: 23:00 - 22:40 - 22:10 Uhr.

Amy Winehouse in Berlin in der Kalkscheune from nolicks on Vimeo.

Angekommen in der Kalkscheune, die ca 500 Leute fassen konnte - gab es im Publikum viele bekannte Gesichter auch aus Hamburg. Amy (wieder-)erweckte den Wunsch nach Pop, der wirklich begeistern konnte. Davon angesteckt hatten sich u.a. Fettes Brot, die später auch einen Remix für Amy machen sollten sowie Andre Luth und Christian Tjarben, der mir noch ein schönes Geburtstagsgeschenk machen sollte...

Sie kam, sang und siegte

Licht aus. Sie kam, sang und siegte. Von "Know You Know" des ersten Albums, bis zur Zugabe Valerie war das Publikum gefangen. Amy wirkte im kleinen Schwarzen (und Jeans) deutlich zierlicher, als vor drei Jahren - noch verstärkt durch den Beehive, die Hochsteckfrisur, die zu dem Sound gehörte, der sie jetzt beeinflusste: den Girl-Groups der 60er. 

"I was bored with Jazz", erklärte sie den musikalischen Richtungswechsel im - ansonsten recht maulfaulen - Interview beim Berliner "Radio Eins" im Anschluss an das Konzert. Ich weiß nicht, ob es Christian Tjarben leichter hatte, auf jeden Fall bekam ich einige Tage später eine Station-ID von Amy für die Soul Stew Radio Sendung, die ich auch in der nächsten Sendung (16.2.2018 um 20 Uhr) einsetzen werde. 

Das Nachspiel

Amy habe ich dann noch mal neun Monate später im ungastlichen Saal 3 des CCH gesehen. Doch dabei gab es schon erste sichtbare Spuren des künftigen Dramas. Sie war viel mehr damit beschäftigt, ihr viel zu kleines pinkes Kleid zurechtzuzupfen. Nebenbei warf uns Amy ganz lässig ihren Gesang vor die Füße, der meistens immer noch "on point" war. Aber die kalte Atmosphäre der Halle und die offensichtliche Wirkung von Alkohol sorgten dafür, dass dieser Gig nicht an den Auftritt in der Kalkscheune heranreichen konnte.

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Eine Antwort zu I remember Amy Winehouse: Damals in der Kalkscheune

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