Palais Schaumburg: Hindemith und Schwitters To A Disco Beat

Melodiebögen, Magistrale, Sichtachsen, Rhythmus, Statik, Silben, Baustoffe, Hackebeil und Ampel-Pampel - the world according to Palais Schaumburg ist künstlich, verschoben und albern - aber mit Fundament: Hindemith und Schwitters To A Disco Beat

Holger Hill kniet sich rein: Palais Schaumburg live vor den DeichtorhallenPop-Avantgarde after all these years?

Über 40 Jahre nach ihrer Gründung bleiben sie musikalisch weiterhin ohne Anbindung an Rest-Deutschland: kauzig, kantig, kraftvoll, karg. Der Auftritt vor den Deichtorhallen ist der Abschluss des Internationalen Bauforums 2019 - das Programmheft verlautbart: ""Sie setzen sich in ihren Songtexten musikalisch mit dem Thema Stadt auseinander". Die Combo ist damit aktiver als in ihrer Startphase: Es ist schon das dritte Konzert in wenigen Monaten und das jeweils an "Kunstorten"; Kampnagel, Elbphilharmonie, Deichtorhallen. Es wurde zugetragen, Frontmann Holger Hiller sei durch die Geburt des jüngsten Sohnes auch aushäusig auf Kooperation eingestellt. Konflikte mit Bassist Timo Blunck scheinen beigelegt. Daher lebt ein wichtiger Teil der „Achtziger“, der es nie in die "kultigen" Retro-Shows schafft, jetzt auch wieder auf. Und so sind Palais Schaumburg sichtbarer denn je. Ein neues Album bei Tapete bzw. Bureau B ist angekündigt.

Der Blick zurück nach vorn

Live gibt es an diesem Abend davon schon ein, zwei oder drei neue „Werke“ mit weniger Wums und mehr Kratz - aber eben auch (noch) ohne die "Hit"-Qualitäten von "Telephon", "Wir bauen eine neue Stadt" oder "Morgen wird der Wald gefegt". Auf der Wiese vor den Deichtorhallen  wird das Konzert zum Happening, ein Grüppchen tanzt, ein paar Alt-Punks - lese: Attitüde, nicht "Musikstil" - nicken zum Beat und man fühlt sich unterhalten, ohne unterfordert zu werden. Überhaupt ist das Programm - gemessen an aktuellem deutschen Pop - immer noch hochmodern. Aber nicht, weil technische Mätzchen wie Autotune dazugekommen sind, sondern weil der "Mainstream" in den letzten Jahren soviel regressiver geworden ist. Überall herrscht eine "moderne Gemütlichkeit" - mit kleinem Tränen-Tattoo; Think Positive - My Ass.

Davor müssen wir uns hier nicht fürchten. Während andere sich nach der protzigen Modernität des "Bundeswaschmaschine" ausrichten, toben wir weiter im Palais.

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