Meine Plattenkritik zum zweiten Album ...
Szene Hamburg (1/97) Kinderzimmer Productions
Ein Ulmer Duo macht Schluß mit falschen HipHop-Klischees:
"Im Auftrag ewiger Jugend und Glückseligkeit" (EFA)
Sie kommen aus der Keimzelle des Terrors, von dort, wo sich schon früh die Weichen für den Widerstand stellen. Wo Höhlen gebaut und subversive Reime geschmiedet werden. DJ Quasimodo und MC Textor sind zwar aus dem Gröbsten raus, das Kinderzimmer ist aber ihr Lager für verbale und musikalische Beutezüge geblieben. Wie früher beim Spielen mit Legosteinen nutzen die beiden Ulmer heute beim Produzieren alles, was so rumliegt ohne Rücksicht auf stilistische und juristische Fragen.
Das kann natürlich Probleme geben: so wurde diesmal ein Kate Bush-Sample das nicht freigegeben war, kurzfristig durch einen gerappten Kommentar ersetzt. Johnny Cash, Charles Mingus und Metallica durften bleiben. Das Kinderzimmer-Duo wehrt sich gegen Klischees und falsche Umarmungen. Und in "I Got A Right To Sing The Blues" zweifeIt er auch die eigene Position an: "Ich repräsentiere die Probleme von Kindern reicher Eltern/..../Ich sehe aus wie ein Penner/.../und schreibe diese Zeilen mit einem Montblanc-Füller".
Mit ihrem zweiten Album behaupten DJ Quasi Modo und MC Textor ihre dissidente Haltung. Nebenbei werfen sie die Frage auf: Wie kommt es, daß so viele weiße, europäische Mittelstands Kids ständig von amerikanischen Verhältnissen reden?
Martin Giese
Martin Giese