45 RPM: Prelude

Wie hat das eigentlich alles angefangen - die Begeisterung für Musik? Dieses Nachhausetragen von (vornehmlich) schwarzen Scheiben? Füllen Sie ein bauchiges Glas, suchen Sue sich eine bequeme Chaiselongue und "lauschen" Sie hier:

Mich trifft keine Schuld

Es muss Mitte der 1960er gewesen sein, als mein Vater auf dem Heimweg dieses Artefakt ohne Schutzhülle auf dem Trottoir erblickte: die FIVE TOPS mit "Warten auf das Glück". Auch wenn schon recht ramponiert, konnte er nicht umhin, die kleine Plastikscheibe einzustecken. Und obwohl er selbst der Wiener Strauß-Familie zugewandt war, legte er zumindest einmal die 45er auf den runden 45er-Plattenwechsel der Musiktruhe.

Damit muss er bei mir etwas ausgelöst haben. Ich war wohl ungefähr drei Jahre alt und intonierte nun täglich diesen "Hit". Das wurde überliefert, nicht weil der Song selbst so bahnbrechend war, sondern weil ich noch mit der Aussprache kämpfte. Bei mir wurde daraus: "Warten auf das Gück" - das "GL" in folge war mir noch nicht möglich.

Der kleine Beatschlager war die zweite von insgesamt neun Singles der Band. Prominenteste Mitglieder waren Günter Kallmann und Λέανδρος Παπαθανασίου aka Mario Panas aka Leo Leandros,  Vater von Hamburgs Beinah-Kulturministerin Vicky. Die Five Tops veröffentlichten eingedeutschte Cover-Versionen von u.a. "Rag Doll" und "Save it For Me" (beide im Original von den Four Seasons),"Trains & Boats & Planes",  "California Dreamin'" und "Let's Life for Today" - später versuchten sie es mit dem Eindeutschen italienischer Hits.

Die Zeit - Ewigkeit

Der zweite Erweckungs-Moment kam fünf Jahre später in der ZDF-Hitparade. Barry Ryan aus Leeds hatte zuvor mit "Eloise" einen weltweiten Hit. Doch am erfolgreichsten war er - dank BRAVO - in der BRD. Sein deutschsprachiger Hit "Die Zeit macht nur vor dem Teufel halt" (eigentlich der LP-Titel "Today" mit ähnlichem Thema) bannte mich vor dem Fernseher. Ein bisschen wilder als der Rest und keine Liebesballade - das reichte schon, um eindrücklich zu begeistern. Heute hat es ein bisschen was von Marc Almond - aber ich greife vor.

So wie die Rückkehr des Täters an den Ort des Verbrechens erwartet wird, gab es später neue Begegnungen mit beiden Platten. Ein Freund betreute Barry Ryan bei einer dieser unsäglichen Oldie-Sendungen im Fernsehen und brachte mir ein Autogramm mit. Und die Five Tops spielte ich noch letzten Spätsommer auf der Frau Hedi bei "Die Hunde von Baskerville". Auf eine neue Runde - auf 45 natürlich.

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Eine Antwort zu 45 RPM: Prelude

  1. Caro S. sagt:

    Wow. Danke, für diesen Blick in die Anfänge deiner Plattensammlung.

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