MusicWorX Pitch 2019: All About The Benjamins?


Es geht mal wieder um Businessmodelle, Digitalisierung, Hoffnungen auf das (ganz) große Geld, wenn die Kreativgesellschaft Hamburg zum sechsten Mal zum MusicWorx Pitch einlädt. Doch diesmal dreht es sich überraschenderweise auch um fast vergessene Hauptpersonen: Musikerinnen und Musiker. Dass die disruptiven Geschäftsmodelle von Spotify und Deezer sowie der Einstieg von großen Veranstaltern und Labels ins Merchandising zumindest neuen Bands faktisch langsam den Hahn zudrehen, scheint mittlerweile Allgemeinwissen. Zumindest drei von vier Start-Ups haben das in ihren Ansätzen berücksichtigt und unterstützen die Künstlerinnen und Künstler.

MusicWorX Pitch 2018 - Wieviel Groove steckt in der Digitalisierung? (Klick)

Auch Egbert Rühl, Geschäftsführer der Kreativ Gesellschaft der Hansestadt und Gastgeber des heutigen Abends, brachte gleich eine positive Nachricht mit: Die Zukunft des Kinos 3001 in der Schanze ist, nach zähen Verhandlungen mit dem Vermieter, (erstmal) gesichert.

"If spotify selects black, go white"

Georgia Taglietti beim MusicWorx Pitch 2019 "Musik hat keine Zukunft, weil sie auch keine abgeschlossene Vergangenheit oder eine Gegenwart hat", interpretierte Georgia Taglietti, Head of Communications des renommierten Sonar-Festivals in Barcelona, das vorgegebene Thema ihrer Keynote "Die Zukunft der Musikbranche". Jeder Song, jedes Werk sei Teil einer fortlaufenden Linie. Und sie forderte die Zuhörer, Entwickler und anwesenden CEOs auf: "Listen and Play". Denn der alleinige Fokus auf Algorithmen und Datenbanken "takes away some Soul". Wer sich auf die Vorschläge von Spotify verlassen würde, sei verloren. "If spotify selects black, go white", sagte Georgia zu mir an der Bar später in der Pause.

Inner City Life - Tune City

Mit Heimvorteil startete Tune City - und als einzige in Deutsch. Ihnen schwebt die Verknüpfung von Musik und Augemented Reality vor. Für 3,99 Euro im Monat kann ich meinen Song des Tages teilen, um Gleichgesinnte - nein - Gleichgestimmte in ausgewählten Cafés zu treffen. Dort kann ich meine Getränke-Gutscheine - die ich für meinen Mitgliedsbeitrag bekomme - einlösen, Songs aufspüren und Tickets gewinnen. Für mich war das nicht zu Ende gedacht und wenig überzeugend. Da ist einfach zuviel vermischt ohne wirkliches Konzept. Wer kulturell Gleichgesinnte treffen will, brauch keine App sondern ein paar Schuhe sowie offene Ohren und Augen. I know

Get On Up, Get Into It, Get Involved - ununu

Bei ununu aus Berlin geht's um Kollaboration. Das Problem, das sie lösen wollen: Freie Zusammenarbeit von Musikern über ihre Plattform mit automatischer Block-Chain-Kennung der eigenen Leistung. Vorteil: Die sendest nur Deine (neue) Spur. Allerdings: Wird Deine Gesangsspur zum Hit, musst Du wohl immer noch klagen - allerdings mit besseren Chancen. Ich bleibe bei meinen Zweifeln. Schon Lol Creme (ex-10 C.C.) hat vor Jahren eine Kollab-Plattform auf dem Reeperbahn-Festival vorgestellt - gibt es die noch?

Know Your Rights - Warm

Nein, es geht hier nicht um Deine Heizungsregelung per Plattenspieler - sondern um den "World Airplay Radio Monitor". Klingt abstrakt? Hier konkret: Dieses Tool erlaubt jedem Musiker, Musikverlag oder Management genau zu recherchieren, wie oft der Song tatsächlich im Radio gelaufen ist. Die GEMAs dieser Welt machen es sich recht einfach und beobachten nur ganz wenige Mainstream-Sender. Das Ergebnis ist bekannt: Das meiste Geld bekommt "immer" Dieter Bohlen, weil die kleineren Non-Mainstream-Radios einfach nicht mitgezählt werden. Den aktuellen Beweis bringt Jesper Skibsby (CEO) gleich mit: Sowohl Lizzos großartiges "Good As Hell" als auch Rick Astleys "Never Donna Give You Up" wurden deutlich öfter in der letzten Woche in UK gespielt, als berechnet. Mit diesem Tool kommt man der Wahrheit auf die Spur - und es ist mit maximal 6 € im Monat recht günstig. It's a winner for sure!

Have Love Will Travel - Gigs Guide

Als Letzter darf Francesco ran. Den hatte ich durch Caro schon ein paar Tage früher beim Gratulation Pitch von @NextmediaHH kennengelernt. Seine Idee: verbinde Dein Spotify mit GigsGuide und Du findest immer Musikkonzerte, die zu Dir passen. Was in der Hometown nicht nötig ist, funktioniert umso besser auf Geschäftsreise mit Übernachtung oder im Urlaub. Dazu: 15 % sollen in einen Fonds für lokale Musiker eingezahlt werden - allerdings nicht von Gigs Guide sondern den angeschlossenen Stadt-Marketing-Betreibern.

Vier für vier: Preisverleihung beim MusicWorX Pitch 2019

Und das sind fast so viele wie bei den Oscars: Ein Publikumspreis - für den wir Normalsterblichen zwei Abstimmungskarten erhielten - , einer vom Sonar-Festival und natürlich einen von der Jury plus einen für Platz zwei - das sind vier Auszeichnungen für vier Start-Ups.

Meine Präferenzen habt Ihr bereits herauslesen können. Doch weder Warm noch Gigs Guide gehörten zu den Gewinnern. Na ja, immerhin bekommen sie 2.000 € für Platz zwei. Das Publikum war mehr begeistert von ununu, genauso wie die Jury. Und Georgia überreichte den Sonar-Preis an Tune City. Die dürfen ihre Idee noch mal im Frühjahr beim xside in Barcelona vorstellen. 

Music Wort Pitch 2019 Diskussion

Egbert Rühl (Geschäftsführer der Kreativ Gesellschaft), Oke Göttlich (Geschäftsführer Finetunes - Digitalvertrieb) und Jesper Skibsby (CEO Warm)

Immerhin: Es ging beim MusicWorX Pitch 2019 tatsächlich mehr auch um Musik. Der Anteil tauber BWL-Studenten schien diesmal deutlich geringer. Das ist ein Schritt in die richtige Richtung. Ich bin also gespannt auf #musicworx2020.

P.S. Sorry für die miserable Bildqualität. Ich spare auf ein neues Phone, dann wird's besser - versprochen.

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