Hey Hey Hey!
Marc war der Star. Seine Auftritte im englischen Fernsehen bei Ilja Richters "Disco" ausgespielt, öffneten die Ohren und Augen zu einer anderen Welt. Glitzer, Federboa, Lippenstift - gehörte alles dazu. Geschlechterrollen? Ich war knapp zehn Jahre und die Hormone spielten da keine große Rolle. Aber die übersteuerten Blues-Riffs auf doppelter Geschwindigkeit gepaart mit ansteckender Leichtigkeit waren aufwallend: Hey Hey Hey!
Das nächste Taschengeld wurde also ohne Umwege in den lokalen Radioladen getragen und gegen die deutsche Pressung - mit Bildcover - nach Hause genommen. Mit einer Spiellänge von 2:16 Minuten, war nach dem Abspielen schnell vor dem Abspielen. Die B-Seite "Born To Boogie" dauerte exakt genauso lang - und da war sogar eine Weihnachtsbotschaft mit einberechnet. Irgendwann: mitsingen - soweit das mit noch rudimentären Englisch-Kenntnissen möglich war. (Später mithilfe von TOP Schlagertextheften unterstützt). Schließlich der Gedanke: Worüber singt der eigentlich? Wen kann ich fragen? Die Auswahl war klein: in Frage kam nur die neue, junge Referendarin der Grundschule. "Was heißt denn eigentlich: "Solid Gold Easy Action"?" Eine richtige Antwort habe ich nicht bekommen, wage aber zu bezweifeln, dass die so Angefragte mögliche sexuelle Anspielungen ("I know you're shrewd and she's a dude / But all I want is easy action") erkannt hätte.
Kurz: Ich war entzündet. Und konnte mir nicht vorstellen, dass es meinen Altersgenossen anders ging. Daher überreichte ich mein geschätztes Exemplar im Überschwung an Michaela. Sie war gerade neu in die Klasse gekommen und mir aufgefallen. Die erhoffte Annäherung fand nicht statt: Sie übernachtete lieber bei meinem Klassenkameraden Ulf im selben Wohnblock.
Beide sind mittlerweile Geschichte. Marc auch, aber er reimt weiterhin ein Lächeln auf unsere Gesichter - nicht nur mit Solid Gold Easy Action: "And all my hair will keep her smiling, with my wondrous walk and my telephone dialing".
Schöner Artikel, ich werde Ihre Artikel weiter lesen