Maschinenland: Ein Blick zurück nach vorn

"Wann bist du denn wohl abgebrannt?"

Manchmal gibt es Gleichzeitigkeiten, die ungeplant miteinander in Verbindung stehen und unterschiedliche Blicke auf dasselbe Objekt bieten. So wie die doppelte Veröffentlichung von „Maschinenland“ im August 2020.

Zum mittlerweile oft unsäglichem Record Store Day („Chef, in welcher Farbe haben wir Iggy Pop noch nicht rausgebracht?“) erschien die Debüt-LP der Hamburger Punk-Combo Abwärts „Amok Koma“ wieder einmal. Ursprünglich im Oktober 1980 auf Alfred Hilsbergs ZickZack-Records veröffentlicht, bleiben die 14 Songs auch vierzig Jahre später zickig und schneidend. Die Kombination von Punk (Frank Z.) mit Geräuschen und Elektronik (FM Einheit – schon 1 Jahr später bei den Einstürzenden Neubauten) und Streichern (Margita Haberland), hebt sich ab vom damaligen Hauruck-Punk vieler Hamburger Bands. Opener war „Maschinenland“, in Vortrag und Text eine Fortsetzung von „Computerstaat“, dem Hit der ersten EP: kurze Satzfetzen über Langeweile, Wiederholungen, Unwirtlichkeit.

Dieses Programm spielte die Originalbesetzung 1980 im Künstlerhaus Weidenallee (Hinterhof) - heute eine Waschküche. Und für einen Moment war Abwärts die Band der Stunde zwischen Wire, Magazine, XTC, Pere Ubu, Public Image.

Die Band Abwärts gibt es immer noch. Zum Beispiel am 21. Juni 2021 im Hamburger Schanzenzelt. Doch der Zahn der Zeit nagte schon früh an den experimentellen Kanten und ohne den Punk-Bonus wären sie eine unter vielen und vergessen.

Und so wurde schon einmal versucht, einen eigenen Klassiker zu modernisieren. Das Ergebnis war „Computerstaat 3.0“ mit plumper Textaktualisierung und „Wir wollen es noch einmal wissen“ Hard-Rock-Breitwand-Sound. Das braucht kein Mensch.

This is a public service announcement – with sitar!

Bild © Frank Egel

Wie man es besser machen kann, zeigen Ashraf Sharif Khan und Viktor Marek auf ihrem Album Sufi Dub Brothers. Ihre Version von „Maschinenland“ ist nicht weniger treibend als das Original mit einem gelungenen Zusammenspiel zwischen elektronischen Big Beats von Pudel-Macher Marek mit der Sitar von Khan. Ein modernes Update, das durch den Verzicht auf billigen Retro-Kitsch den Song frisch und kantig hält. Und das hat viel mehr Punk-Attitude - eben weil auf die Stromgitarren verzichtet wird. Und damit wird nebenbei deutlich, wie engstirnig und modrig der alte Punk-Sound in heutiger Zeit wirkt. Und der Zweifel sei erlaubt, ob der heute noch entzünden könnte.

 

 

Bild © Frank Egel

Gute Zusammenfassung über Hamburger Orte der Subkultur: „UMARME DEINE INNERE LEICHE!“ 

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