Das war's: 60 Minuten seelisches Feuerwerk als nahezu religiöse Auferstehung nach dem allgegenwärtigen Elend in der Welt auf Straßen, in Zeitungsspalten sowie Tweets und Kommentaren gängiger Social Media-Plattformen. Eine kleine zeitliche Oase, die nicht dem bloßen Verschnaufen zum Weitermachen dient, sondern der Inspiration. Für Sekunden mag man sich als Teil der Welt wahrzunehmen. Ist das jetzt Selbsttranszendenz? I am not sure. Aber auf jeden Fall waren es Thee Sacred Souls im Knust Hamburg.
Record Collecting als Anfang
Seit 2019 zusammen basteln Schlagzeuger Alex Garcia, Bassist Sal Samano und Sänger Josh Lane an einem eigenen Sound, der den oft langsamen Sweet- und Lowrider-Soul der späten Sechziger zwischen Doo Wop und R&B von der Westküste in diese unromantische Welt übersetzt. Und es klingt, als würden sie es bereits seit „damals“ tun. Tatsächlich sind Alex und Sal seit Jugendjahren befreundet, weil sie denselben Schallplatten hinterherjag(t)en. Josh musste erst noch überzeugt werden, denn zunächst studierte er klassischen Gesang und plante gerade eine Solokarriere – in Richtung Dream Pop und Chillwave – einer Art Retro-Elektropop in den USA.
Gut für uns, dass die beiden anderen Musiker überzeugend und hartnäckig waren. Die ersten Gespräche im Übungsraum resultierten schon in fertigen Songs. Und der Name wurde einer Idee von Alex Vater entliehen. Der wollte eine Sammlergruppe für Single-Schallplatten gründen: den Sacred Souls Club. Ein Treffen mit Bosco Mann aka Gabriel Roth, Mitgründer von Daptone Records führten zum Plattenvertrag zum großartigen „Can I Call You Rose“ und dem Debüt-Album.
Ein Konzert, das beinahe nicht wäre
Und darum sind wir jetzt hier bei einem von zwei Deutschlandkonzerten der Band. Ort des Geschehens ist der Knust, der sich längst als einer der wichtigsten Musik-Orte für Neues und Altes fernab von Radiosendern und Streamingdiensten etabliert hat.
Dabei sah es noch wenige Wochen zuvor so aus, als ob das Interesse in der alten Hansestadt nicht ausreicht. Zu träge, müde und beschäftigt schien die gesamte Stadt. Es wäre eine peinliche Schlappe gewesen.
Es geht nicht um Religion, es geht um Hoffnung
Genug des Vorgeplänkels. Auf der Bühne füllt die Band Raum und Klang sofort mit allen sieben Personen. Neben dem Kerntrio stoßen Riley Dunn an den Keyboards, Shay Stulz an der Gitarre sowie die Sängerinnen Tatiana Sandate und Jensine Benitez hinzu – Letztere kann dabei sogar beide Seiten ihrer Solo-Single vorstellen. Doch Star im Vordergrund ist Josh. Ein sanftmütiger Prediger, der seine Heilslehre tupft statt abfeuert - inklusive Bad in der Menge. So erfrischend anders als viele, die sich dann doch immer zu viel dem Blut, Schweiß und Tränen-Blues hingezogen fühlen. Dazu diese wunderbar unangestrengt-eleganten Songs und Arrangements aus dem Hintergrund, flankiert mit mehrstimmigem Gesang. Es geht nicht um Religion, es geht um Hoffnung.
Thee Sacred Souls: Will we see them again?
Natürlich ist „Rose“, der erste gemeinsam geschriebene Song und die erste veröffentlichte Single, der Zugabe vorbehalten. Aber ob das Duett „Happy and Well“, dem fließenden „Easier said than done“ oder „Future Lover“, bei dem Alex, Sal und Shay die Instrumente tauschen, auch diesen Songs wohnt eine reflektierte Liebe inne, die man sich nicht nur in der Musik wünscht.
Die Lieder mögen für ungewohnte Hörer zunächst etwas ähnlich klingen. Aber obwohl es „nur“ Soulmusik ist, erkennt man hier die gesamte Schönheit erst bei genauerem Lauschen – skippen bringt da nicht weiter. Eine Weisheit, die Alex und Sal schon in der Wiege mitbekommen haben - und am Abend auch freudig mit uns geteilt haben.
„Will I see you again?“ fragen uns Alex, Sal und Josh. Meine Antwort kennen sie. Hoffentlich haben sie nächstes Mal wieder Zeit für uns.